Hydrolate: Abfallprodukt oder therapeutisch wertvoll?

Antje Möller • Aug. 06, 2018

Hydrolate: Abfallprodukt oder therapeutisch wertvoll?

Hydrolate entstehen während der Wasserdampfsterilisation beim Herstellen ätherischer Öle.
Obwohl sie selbst nur noch geringe Mengen ätherischer Öle enthalten, können dennoch einen sehr großen therapeutischen Nutzen haben…und das in der Regel ohne Nebenwirkungen! Ihr Wirkprofil unterscheidet sich meist von dem der ätherischen Öle.
Auch in der Aromaküche sind sie wunderbar anwendbar, sie riechen anders als ihre ätherischen Öle und schmecken meist sehr viel angenehmer.
Schon viele Jahrhunderte sind Hydrolate beliebt. Der Wiener Arzt Michael Puff von Schrick schrieb z.B. schon im 15. Jahrhundert eine Abhandlung über verschiedene Pflanzenwässer samt Anwendung. Trotzdem waren vor allem immer die ätherischen Öle im Vordergrund, die Hydrolate galten eher als Neben- meist sogar als Abfallprodukt.

Herstellung von Hydrolaten

Hydrolate selbst herzustellen klingt komplizierter, als es wirklich ist, solange man die richtigen Werkzeuge und ein bisschen Geduld hat.
Zuerst möchte ich den allgemeinen Vorgang beschreiben, später von meinen Erfahrungen berichten.
Für die Herstellung der meisten ätherischen Öle wird die Wasserdampfdestillation genutzt, wobei Pflanzenkraut, Blüten, Samen, Blätter, Nadeln, Rinde usw. verwendet werden. Bei der Abkühlung des Destillationsdampfes entsteht ein Gemisch auskondensiertem Wasser und wasserlöslichen Inhaltsstoffen der Pflanze. Im Gegensatz zu den ätherischen Ölen, die vorwiegend fettlöslich sind.
Seit dem 1.Januar 2018 ist es in Deutschland auch Privatpersonen erlaubt, Destillieranlagen bis zu 2 Liter Brennkessel (sofern man sie nicht zum Alkohol herstellen benutzt) zu betreiben. Man kann sich selbst eine zusammenbasteln, oder eine kaufen, dabei gibt es einiges zu beachten:
- Der Kessel muss groß genug sein.
- Keine Gummidichtungen (sonst geht der Gummigeruch aufs Destillat über)
- Aromakorb für Kräuter, Blüten…muss vorhanden sein
- Noch wichtig: Heizquelle und Kühlspirale

Schrittweise Herstellung eines Lavendel – Hydrolates

- Lavendel wird geerntet, wenn die Blüte fast vorüber ist, nach mindestens drei Tagen Sonnenschein, da jetzt das meiste ätherische Öl konzentriert ist. Nun noch mal drei Tage trocknen. (Jede Pflanze wird unterschiedlich verarbeitet, z.B. sollten Rosen oder Koniferen-Nadeln ganz frisch geerntet destilliert werden)
- Lavendel wird eventuell zerkleinert
- Nun gebe ich ca. 1 Liter Wasser in meinen Kessel. Sollte das Leitungswasser keine gute Qualität haben, würde ich stilles Mineralwasser empfehlen, denn je besser das Wasser ist, desto besser wird das Hydrolat.
- Der Aromakorb darf das Wasser nicht berühren! Ich fülle meine getrockneten Lavendelblüten dicht, aber locker in den Korb.
- Nun stecke ich meine Kühlung auf und fülle sie mit kaltem Wasser. Ich habe mir meine Kühlanlage aus Schläuchen, einer großen Schüssel und einer kleinen Aquarium-Pumpe selbst gebastelt, das erleichtert unglaublich die Arbeit, da das Kühlwasser ansonsten sehr schnell kochend heiß wird.
- Durch einen kleinen Plastikschlauch aus dem Kühlbehälter wird später das Hydrolat abfließen, deshalb stelle ich darunter eine Glasflasche oder einen Auffangbehälter.
- Nun stelle ich meine Kochplatte auf höchste Stufe, es sollte während des ganzen Prozesses ein leichtes Kochgeräusch zu hören sein, aber niemals den Kessel trocken laufen lassen!!!!
- Das gewonnene Destillat sollte nun für die nächsten 3-4 Wochen kühl und dunkel gelagert werden, damit sich das ätherische Öl an der Oberfläche sammeln kann.
- Mit einer Pipette oder einer Spritze kann nach dieser Zeit das ätherische Öl abgesaugt werden, dann das Hydrolat in ein dunkles Fläschchen, Name, Datum, Haltbarkeit drauf und an einem kühlen Ort aufbewahren.
- Nach dem Destillationsvorgang sollten alle beteiligten Geräte gründlich gereinigt werden (vorzugsweise mit 96%igem Alkohol) um Rückstände zu beseitigen und Schimmelbildung zu vermeiden.

Anwendungsbereiche

Erkältungen: Angelikawurzel-, Gewürznelken- Hydrolat
Depressionen: Römische Kamille- Hydrolat
Halsentzündungen: Anis-, Fichtennadeln-, Hydrolat
Hauterkrankungen: Cistrosen-, Hamamelis-, Johanniskraut-, Johannisbeeren-, Kamille-, Karottensamen-, Lavendel- Hydrolat
Verletzungen: Arnika- Hydrolat
Schlafstörungen: Römische Kamille-, Lavendel-, Majoran- Hydrolat
Kopfschmerzen: Basilikum-, Hydrolat
Verdauungsstörungen: Angelikawurzel-, Basilikum-, Bergbohnen-, Kümmel- Hydrolat
Stress: Angelikawurzel-, Holunderblüten-, Kamille-, Hydrolat
Küche: vor allem Kräuter-Hydrolate wie Thymian-, Lorbeerblatt-, Majoran-, Oregano-, Rosmarin-, Basilikum-, Fenchel-, Kümmel-, Muskatellersalbei-, Pfefferminze u.a.

Ich habe inzwischen verschiedene Hydrolate selbst hergestellt und v.a. beim Kochen möchte ich einige davon nicht mehr missen. Sie geben nicht nur Geschmack, sondern auch einen Hauch von Extravaganz auf dem Essen 😉

Vielen von uns fällt es nicht leicht, die täglich empfohlene Trinkwassermenge von 1,5-2 Litern zu schaffen. Mit kleinen Mengen Hydrolaten (z.B. Melissen-, Pfefferminz- oder Muskatellersalbei), die dem Wasser beigemischt werden, ist es gar nicht mehr so schwer und schmeckt richtig lecker.


Das sind nur einige wenige Anwendungsbereiche, die Auswahl ist riesengroß 😊

Es gibt verhältnismäßig sehr wenig Einschränkungen bzw. Kontraindikationen:
- Zypressen-, Salbei- und Kornblumen-Hydrolat sollte nicht während der ersten 3 Schwangerschaftsmonate angewandt werden. Sie können abtreibend wirken.
- Salbei- Hydrolat sollte darüber hinaus nicht bei Bluthochdruck angewendet werden.
- Zimt- Hydrolat darf nicht in die Augen kommen, da diese dadurch gereizt werden.
- Muskatellersalbei-Hydrolat verstärkt die Wirkung von Alkohol, deshalb sollte er nicht zusammen eingekommen werden.
- Pfefferminz-Hydrolat darf bei Kindern unter 3 Jahren nicht angewendet werden.

Gerne beantworte ich eure Fragen zu Dosierungen, Anwendungen, Herstellung oder Kontraindikationen!
Auch freue ich mich über Anregungen oder Kommentare zu meinem Artikel 😊

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